Gastbeitrag von Reifen Wondraschek © beim Autor.
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GESCHICHTLICHES
Die Erfindung des Reifens erforderte logischerweise sofort die Entwicklung einer Erneuerung der Verschleißfläche. 1915 band die Gates Rubber Company Leder über abgefahrene Reifen um mehr Kilometer zurücklegen zu können. Einige Jahre später wurden die abgefahrenen Reifen schon durch Vulkanisation runderneuert. Mit Teilformen wurde eine Laufflächensegmenterneuerung durchgeführt. Bei dieser Methode waren jedoch mehrere Heizungen am Umfang des Reifens notwendig. Es waren auch keine runden Reifen die dabei herauskamen. Bei zu dieser Zeit gefahrenen Geschwindigkeiten spielte dies jedoch keine besondere Rolle. Ca. 1925 wurde die Formvulkanisierung für die Runderneuerung eines ganzen Reifens in einem, entwickelt. Damit war die Heißrunderneuerung geboren. Die Versuche, ein vorvulkanisiertes Profilband als Lauffläche an den Reifen zu vulkanisieren; führten 1957 zum Erfolg. Dieses Verfahren wurde Kaltrunderneuerung getauft. Beide Verfahren werden heute, dem Verwendungszweck entsprechend angewendet. Die PKW-Reifenerneuerung erfolgt vorwiegend durch die Heißerneuerung, die ähnlich der Neureifenherstellung vulkanisiert. Der Rundlauf und Unwuchten werden durch dieses Verfahren wie beim Neureifen optimiert. Für die LKW- und Industriereifenerneuerung sind beide Verfahren anwendbar, man gibt jedoch heute der Kalterneuerung den Vorzug.
ALTREIFENVERWERTUNG
In Österreich fallen jährlich ca. 40.000 to Altreifen an; davon in OÖ ca. 8.000 to ! Wie kann man diese Reifenberge also sinnvoll verwerten?
DEPONlE Grund und Boden zu kostbar nach Rekultivierung nicht belastbar
EINSATZ IM BAU in zerkleinerter Form in Lärmschutzwänden, zusammengeheftet als Kabelabdeckungen speziell in Berggegenden, oder als Ganze miteinander verbunden zur Hangbefestigung.
PYROLYSE Rückgewinnung von Öl in sehr aufwendigen Anlagen; unwirtschaftlich
RUNDERNEUERUNG sicher die sinnvollste Verwertung für abgefahrene Reifen. Die Karkasse, der hochwertige, komplizierte Grundaufbau eines Reifens, wird so ein zweites Mal genutzt. Dies trifft aber leider wegen Qualitätsmängel nur auf einen kleinen Teil der Altreifen zu.
VERBRENNUNG IN ZEMENTWERKEN Wenn ein Altreifen für die Runderneuerung nicht geeignet ist, so wandert er in Österreich in den meisten Fällen in die Zementwerke, wo er in den Drehrohröfen bei Temperaturen über 1300 °C (wie in einer Sondermüllverbrennungsanlage) relativ umweltfreundlich und energiesparend verbrannt wird. Reifen haben ca. 70 % des Heizwertes von Heizöl. Wir wollen uns heute also mit der sinnvollsten Verwertung von abgefahrenen Reifen, dem Runderneuern, näher beschäftigen.
WIRTSCHAFTLICHES - UMWELTSCHUTZ !
Der wirtschaftliche Nutzen der Runderneuerung liegt in der Erreichung einer verlängerten Lebenszeit des Reifens. Um den zweiten Weltkrieg brauchte man die Runderneuerung wegen des Engpasses an Rohstoffen. Heute sind Rohstoffe vorhanden, aber auch mit diesen soll, so wie mit der notwendigen Energie, wirtschaftlich umgegangen werden. Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten tritt heute der Umweltschutz, im Zusammenhang mit der Sinnhaftigkeit der Runderneuerung von Reifen, immer mehr in den Vordergrund. Recycling oder auf Deutsch Wiederverwertbarkeit von Produkten oder Rohstoffen wird immer wichtiger. Darin liegt die besondere Notwendigkeit einer Runderneuerung von Reifen. Im Zusammenhang mit dem Umweltschutz gibt es daher nur eine Überlegung:
"Verringerung des Altgummianfalls durch Runderneuerung"
Im ersten Moment werden Sie sich denken: "Das stimmt doch nicht, denn jeder runderneuerte Reifen muß schließlich auch einmal entsorgt werden. " So wird immer wieder argumentiert. Diese Aussage wird in der nachfolgenden Tabelle dargelegt. Es besteht dabei die Annahme, daß jährlich 100 Reifen gebraucht und abgefahren werden. Außerdem wird nach dieser Tabelle der Reifen nur einmal runderneuert.
Neureifen | Entsorgung | Runderneuerung | Verbrauch | |
---|---|---|---|---|
1. Jahr | 100 | 0 | 0 | 100 |
2. Jahr | 100 | 0 | 0 | 100 |
3. Jahr | 70 | 70 | 30 | 100 |
4. Jahr | 70 | 70 | 30 | 100 |
5. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
6. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
7. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
8. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
9. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
10. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
11. Jahr | 70 | 40/30 | 30 | 100 |
In den letzten Jahren werden runderneuerte Pkw-Reifen immer stärker mit dem Slogan "Umweltreifen", "Recyclingreifen" oder "Grünreifen" auf den Markt gebracht. Dies läßt sich mit folgender Argumentation begründen: Ein durchschnittlicher Pkw-Reifen hat ein Gewicht von 8 kg. Durch den Einsatz auf der Straße ergibt sich ein Abrieb von 1,5 kg Gummi. Bei der Runderneuerung wird ca. 1,4 kg zusätzlicher Gummi abgerauht. Es verbleiben daher vom ursprünglichen Reifen 5,1 kg. Diese teilen sich wie folgt auf:
- Reifengummi 3,8 kg
- Stahleinlagen 0,9 kg
- Textilcord 0,4 kg
Durch die Runderneuerung eines Pkw-Stahlgürtelreifens können daher diese Bestandteile wieder verwendet werden. Durch die weitaus größeren Gewichtsdifferenzen der einzelnen Dimensionen von Nutzfahrzeugreifen ergibt sich keine sinnvolle Gegenüberstellung in Kilogramm, jedoch ist das Verhältnis in Prozent bei Nutzfahrzeugreifen ähnlich. Grundsätzlich gilt: Ein Reifen ist umgeformte Energie. Ein durchschnittlicher Pkw-Reifen erfordert einen
- Energieeinsatz von ca. 42 l Rohöl
- Rohöleinsparung durch Runderneuerung ca. 35 l Rohöl
- Energiegewinn druch Verbrennung des Altreifens ca. 7 l Öl
Die Runderneuerung ist der thermischen Verwertung also eindeutig vorzuziehen. Es gibt also zwei gewichtige Argumente die für die Runderneuerung sprechen:
1.) Energie- und Rohstoffeinsparung
2.) Verringerung der Altreifenmenge
QUALITÄTSANFORDERUNGEN
Die Qualität des Neureifens und des Runderneuerten liegt in der Güte der Karkasse - dem Reifenaufbau.
Es gibt bereits Neureifenproduzenten, die eine Runderneuerungsfähigkeit im LKW-Sektor garantieren.
Alle wichtigen Luftfahrtgesellschaften verwenden für ihre Flugzeuge Reifen, die bis zu 10 mal erneuert werden. Sogar hochtechnisierte Kampfflugzeuge verwenden runderneuerte Reifen. Diese Reifen müssen den extremen Belastungen des Startens und Landens standhalten.
Prinzipiell ist jeder Reifen runderneuerungsfähig. Karkassen können aufgrund ihrer Qualität, aus wirtschaftlichen Gründen und aus gesetzlichen Vorschriften verschieden oft runderneuert werden:
- Flugzeugreifen bis zu 10 mal
- Erdbewegungsmaschinen bis zu 4 mal
- LKW-Reifen bis zu 3 mal
- Industrie- und Staplerreifen bis zu 3 mal
- LLkw-Reifen bis zu 2 mal
- Transporterreifen 1 mal
- Pkw-Reifen 1 mal
- Traktorreifen 1 mal
Wird nach dem letzten stand der Technik runderneuert, so ist die Qualität runderneuerter Reifen der neuer Reifen gleichzusetzen!
Die Erfahrung aus der Praxis zeigt uns Mängel an Runderneuerungen. Es werden Produkte auf den Markt gebracht, die den gestellten Forderungen nicht gerecht werden. Auch nicht alle Neureifen entsprechen diesen Forderungen. Beim Neureifen unterscheiden wir die Qualität durch die Nennung des Namens des jeweiligen Fabrikates. Alleine die Tatsache, daß ein Reifen runderneuert ist, stuft ihn in eine bestimmte Qualitätsklasse ein. Alle Runderneuerungen werden in einen Topf geworfen. Eine Unterscheidung wie beim Neureifen durch den Namen, ist nicht üblich, diese sollte jedoch verstärkt praktiziert werden. Der Handel hat es in der Hand, nur namhafte Qualitätsprodukte anzubieten. Dadurch würde automatisch der Anteil der runderneuerungsfähigen Neureifen immer größer werden.
In der Qualität der Karkasse liegt die Qualität und Sicherheit eines runderneuerten Reifens. Und dabei wäre es so einfach für die Neureifenhersteller das zweite Leben der Karkasse einzukalkulieren, dies würde kaum Mehrkosten verursachen. Aber dies liegt nicht in Ihrem Interesse. Vielleicht zwingt sie das Umweltbewußtsein der Verbraucher oder des Gesetzgebers einmal dazu. Ein guter Runderneuerungsbetrieb schafft es heutzutage durch genaues Arbeiten mit modernsten Maschinen einen Reifen mit wenig Unwucht und ohne Hochschlag herzustellen. Durch Verwendung hochwertigster Rohstoffe, die in eigenen Labors überprüft werden, erreicht man die Kilometerleistungen eines Neureifens. In Abstimmung mit dem richtigen Profil erreicht man bei Winterreifen Fahrergebnisse, die den sehr guten Neureifen um nichts nachstehen.
ÖRTLICHE REPARATUREN
Kleinere Defekte an Reifen lassen sich stets ohne Gefahr für die Sicherheit instand setzen. :
Im Gummibereich
Reparaturen in Lauffläche oder Seitenwand können bei allen Reifentypen und -ausführungen ohne Einschränkungen vorgenommen werden.
Reparaturen mit Pflaster
Sind bei einem Reifen Festigkeitsträger beschädigt (Karkasse, Gürtel), so muß an Hand der Größte und der Lage des Defektes unter Berücksichtigung der Reifenkonstruktion und des Einsatzes entschieden werden, ob eine Reparatur zugelassen werden kann.
TElLGÜRTELERNEUERUNG
Beim Bearbeiten von Stahlgürtelreifen stellt sich gelegentlich heraus, daß die obersten Gürtellagen durch Verletzungen der Lauffläche Roststellen aufweisen. Roststellen im Gürtel müssen grundsätzlich beseitigt werden.Bei Lkw- und EM-Reifen ist es möglich, zu stark beschädigte Gürtellagen durch neue zu ersetzen (Teilgürtelerneuerung, nur in Verbindung mit einer Runderneuerung S:S oder W:W).
LAUFFLÄCHENERNEUERUNG
Abgefahrene Reifen, deren Unterbau nach Prüfung als einwandfrei befunden wurde, können durch eine neue Lauffläche für ein weiteres Leben gerüstet werden. Verschieden Verfahren bieten sich an:
Besohlung
Hier wird lediglich das Profil mit einem Teil des Grundgummis erneuert. Für das Besohlen eignen sich fast ausschließlich Reifen, die gleichmäßig abgefahren sind, keine nennenswerten Verletzungen (vor allem nicht der Seitenwände) aufweisen und ursprünglich ein Profil hatten, das nicht tief in die Seite eingeprägt war.
Runderneuern von Schulter zu Schulter
Hier wird außer dem Laufstreifen auch der obere Teil der Seitenwand mit neuem Gummi belegt. Das Verfahren eignet sich für Reifen, deren Seiten keine starken Anscheuerungen oder Alterungsrisse aufweisen
Man weiß ja nie und somit gilt auch hier: Alle Angaben ohne Gewähr. Die Haftung für Schäden aus der Anwendung meiner Angaben wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Runderneuern von Wulst zu Wulst
Außer dem Laufstreifen werden die gesamten Seitenwände mit neuem Gummi belegt.
In allen drei Arten kann man einen Reifen nach dem Kalt- oder Heißverfahren erneuern.
Kalterneuerung
Unter dem Begriff Kalterneuerung versteht man das Aufbringen eines vorvulkanisierten Streifens, wobei der ein bis zwei Millimeter starke Bindegummi zwischen Karkasse und neuer Lauffläche bei Temperaturen zwischen 90°C und 110°C in einem A u t o k l a v e n vulkanisiert wird.
Heißerneuerung
Bei der Heißerneuerung wird ein unvulkanisierter Laufflächengummi auf die Karkasse aufgebracht und während der Vulkanisation bei 150°C bis 160°C wird nicht nur die Verbindung zwischen Karkasse und neuer Lauffläche hergestellt, sondern gleichzeitig das Profil vulkanisiert. Vulkanisieren ist im übrigen kein Kleben und daher auch kein "Hinaufpicken" von etwas. Vulkanisieren ist ein c h e m i s c h e r V e r n e t z u n g s v o r g a n g von Molekülen.
Zur Vulkanisation von Kautschuk braucht man 3 Dinge:
1. Temperatur
2. Druck
3. Zeit
Ausnahmen sind zum Beispiel die echte Kaltvulkanisation, welche durch chemische Reaktion erreicht wird, wie das Schlauchflicken von Tip-Top.
Ich möchte Ihnen anhand eines Diagramms erklären, was während der Vulkanisation eigentlich passiert, bzw. wie sich der Zustand des Rohgummis vom plastischen in den elastischen Zustand verändert.
Folgende Phasen sind für einen Vulkanisationsablauf charakteristisch:
T10 = zu diesem Zeitpunkt haben 10 % Vernetzung stattgefunden - T10 = die Mischung ist zu 90 % vulkanisiert - T10 = Maximum der Vernetzung
Plastische Fließphase Die Mischung beginnt unter Einwirkung des Preßdrucks und der Temperatur in der Form zu fließen.
Anvulkanisation Die Mischung zeigt erste Vernetzungsreaktionen.
Untervulkanisation Der Vernetzungsgrad steigert sich, das Optimum der Vulkanisation ist jedoch noch nicht erreicht.
Ausvulkanisation Ein Großteil des Vernetzungsmittels (z. B. Schwefel) hat sich mit dem Kautschuk verbunden. Das Optimum der Vulkanisation ist erreicht. Die Reaktion verlangsamt sich, die Kurve flacht zu einem Plateau ab.
Reversion Nach Überschreiten des Vernetzungs- optimums kann eine Reversion einsetzen, d.h. die Mischung wird durch Aufbruch der Molekülketten wieder abgebaut.
Eine "ideale" Vulkanisationskurve ist durch drei Merkmale gekennzeichnet:
1. Durch eine verzögerte Anvulkanisation und damit eine erhöhte Fließfähigkeit der Mischung
2. Durch eine schnelle Ausvulkanisation bis zum Optimum, um kurze Heizzeiten zu erreichen
3. Durch ein breites Plateau und eine spät oder gar nicht einsetzende Reversion
1. Karkasseneingangskontrolle
Ich habe schon erwähnt, daß eine der wichtigsten Entscheidungen ist, ob eine Karkasse runderneuerungsfähig ist oder nicht. Ohne Maschine, nach brancheninternen und eigener Erfahrung muß jeder Runderneuerer herausfinden, welche Fabrikate, aus welchem Land und wann erzeugt, gut oder schlecht sind und diese von vornherein ausschließen. Fabrikate welche grundsätzlich für die Runderneuerung geeignet sind, werden dann auf einem Kontrollspreizer bei guter Beleuchtung einer eingehenden optischen Prüfung unterzogen und auf eventuell vorhandene Schäden durch Fremdkörper, Schnitte, Ermüdungserscheinungen oder durch "unsachgemäßes" Nachschneiden hin untersucht. Die Karkassen können zusätzlich noch einer Druckprüfung unterzogen werden, wodurch Spreizungen oder undichte Stellen sichtbar werden. Weitere Möglichkeiten zur Fehlerfeststellung bei Karkassen wären die Holographie und die Ultraschallprüfung, die Hohlstellen bzw. Gürtelseparationen sichtbar machen können, allerdings wegen dem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand für die Runderneuerung noch nicht zum Standard gehören.
2. Rauhen
Beim Rauhen auf einer hochtechnischen Maschine wird der restliche Laufflächengummi so abgerauht, daß sowohl Rundlauf als auch ein exakter Laufflächenradius gewährleistet ist. Gleichzeitig wird dabei eine saubere Bindefläche für die aufzuvulkanisierende Lauffläche geschaffen. Bei diesem Arbeitsvorgang kann man durch den Einsatz einer hochwertigen Rauhmaschine viel dazu beitragen, wie präzise das Endprodukt bezüglich Rundlauf ist.
3. Reparatur
An Pkw-Reifen werden womöglich keine Reparaturen durchgeführt. Leider sind Wulstreparaturen auch an hochwertigen Pkw-Karkassen häufig notwendig, um diese vor dem Vernichten zu retten. Diese Wulstverletzungen, die auch bei LKW-Reifen oft vorkommen, stammen aus der unsachgemäßen Demontage. Die Mißachtung des wiederverwertbaren Rohstoffes, der Karkasse, erfordert einen erheblichen Kostenaufwand, der vermeidbar wäre. Außerdem werden eventuell aufgetretene Beschädigungen bei Lkw-Karkassen im Laufflächen- oder Seitenwandbereich ausgeschliffen, repariert und wenn notwendig mit einem Pflaster versehen.
4. Spritzen
Der Reifen wird mit Gummilösung besprüht. Dadurch wird die Oxydation an den Rauh- und Schleifstellen verhindert. Die Gummilösung ist kein Klebemittel, sondern nur zur Haftung des unvulkanisierten Gummis auf der Rauhung bis zum Heizvorgang notwendig.
Bis hierher sind die Arbeitsschritte für beide Runderneuerungsverfahren im Prinzip gleich. Die weiteren Vorgänge sind für Heiß- und Kalterneuerung so unterschiedlich, daß wir sie getrennt betrachten müssen:
Heißerneuerung
5. Belegen
Im Falle der Heißerneuerung wird unvulkanisierter Laufflächengummi in einer Stärke zwischen 7 mm und 10 mm am Umfang aufgelegt und angerollt. Dieser sogenannte Rohlaufstreifen soll so dünn wie möglich, jedoch dick genug für einen ausreichenden Profilgrund sein.
Eine Verbesserung der Karkassenqualität kann man bei bestimmten Reifen durch Abdecken der Gürtelkante mit einer Nylonbandage erreichen, wie es bei neuen Breitreifen üblich ist; diese Reifen halten wesentlich höhere Geschwindigkeiten aus. Bei LKW Reifen besteht die Möglichkeit ganze Gürtellagen zu entfernen und durch Neue zu ersetzen.
Bei der sogenannten Wulst-zu-Wulsterneuerung wird dann noch in einem zweiten Arbeitsgang ein dünner Seitenwandgummi aufgelegt, der selbstverständlich andere Eigenschaften hat, als der Laufflächengummi (Ozonbeständigkeit, Alterungsschutz, usw.). Beim Belegen des Reifens kann man dem zweiten Vorurteil begegnen, indem man nur hochwertige Materialien verarbeitet und nicht auf den billigsten Einkaufspreis schaut.
6. Messen
Spätestens zu diesem Zeitpunkt und insbesondere bei der Pkw-Runderneuerung muß der Reifen vermessen und entschieden werden, in welcher Form (Profileinsatz) der Reifen vulkanisiert werden soll, da, wie Sie wissen, Neureifen bzw. Karkassen verschiedene Durchmesser haben und daher individuell behandelt werden müssen.
Nun ist der Reifen vorbereitet für das
7. Abheizen (Vulkanisieren)
Der Reifen wird beim Vulkanisieren (Abheizen) in eine Form (Profileinsatz) mit dem gewünschten Profil gelegt. Die Oberflächentemperatur der Form beträgt 150°C. Nach dem Schließen der Maschine, wird bei modernen Maschinen automatisch ein sogenannter Heizbalg (Schlauch) in den Reifen eingefahren und mit 12 bis 15 bar Innendruck gefüllt. Dadurch wird der Reifen an die Außenwand gepreßt und der unvulkanisierte Gummi in alle Profilecken gedrückt. Die dabei eingeschlossene Luft entweicht durch Entlüftungslöcher und der Reifen nimmt so das endgültige Profil an. Nach etwa 20 bis 30 min ist bei einem Pkw-Reifen die Vulkanisation abgeschlossen, er wird entweder manuell oder automatisch aus dem Heizer herausgenommen.
Kaltverfahren
5. Belegen
Nach dem Vermessen wird auf den gerauhten und gespritzten Reifen zuerst ein 1 - 2 mm dicker Bindegummi aufgelegt und angerollt oder mittels eines speziellen Extruders direkt auf die Karkasse aufgebracht. Darüber belegt man den bereits vorvulkanisierten, mit Profil versehenen Laufstreifen, der Stoß des Laufstreifens wird angerauht und mit Bindegummi zusammengefügt. Bei kleinen Verletzungen kann natürlich auch hier die Seitenwand mit speziellem Material erneuert werden.
6. Einhüllen
Zum Unterschied zu Heizerneuerung werden die Reifen im Kaltverfahren in zwei elastische Gummihüllen (Envelopes) luftdicht verpackt. Die Innenhülle reicht von innen über die Wulst herum nach außen und wird von der Außenhülle überlappt. Dabei ist es notwendig, daß ununterbrochen Vakuum gezogen wird, so daß Innenhülle und Außenhülle an den Reifen angesaugt werden und zueinander abdichten.
Unter dem Envelope muß ein Entlüftungsgewebe angebracht werden, damit die eingeschlossene Luft über das Entlüftungsventil in der Außenhülle entweichen kann. Es wird nun sofort Vakuum unter der Hülle herausgezogen.
7. Abheizen
Diese so vorbereiteten Reifen können nun in einem Autoklaven abgeheizt werden. Es handelt sich dabei um einen großen beheizbaren Druckbehälter mit einem Deckel auf einer Seite. Durch diesen werden je nach Autoklavengröße bis zu 24 Reifen gleichzeitig auf einer Schiene eingefahren und mit Schläuchen angeschlossen. Nach dem Schließen des Deckels wird der Heizprozeß gestartet.
Der Autoklav kann entweder mit heißer Druckluft, mit Dampf oder mit heißem Wasser beheizt werden.
Alle Systeme arbeiten bei einem Kesseldruck von ca. 6 bar und einer Temperatur von ca. 100°C. Durch Umwälzung des Energieträgers wird jede Stelle gleichmäßig erwärmt. An der Außenhülle wird sowohl vor dem Heizprozeß, als auch in der ersten Phase Vakuum gezogen. Ab einem Kesseldruck von 1 - 2 bar wird zur Stabilisierung des Laufstreifens langsam Luft unter die Hülle gepreßt (Druckdifferenz zum Umgebungsdruck ca. 1 - 2 bar).
Der Reifen bleibt nach Erreichen der Solltemperatur von ca. 100°C und dem Kesselinnendruck von ca. 6 bar etwa 3 Stunden im Autoklaven.
Dieser letzte Schritt ist wieder für beide Verfahren gleich.
8. Endkontrolle
Wie bei der Eingangskontrolle wird auch hier der Reifen innen und außen bei guter Beleuchtung inspiziert und anschließend einer Druckprüfung unterzogen (PKW - 4 bar; LKW - 8 bar). Ist der Reifen in Ordnung, wird er zum Verkauf freigegeben.
Micro Sipe
Die Lauffläche wird durch feine Einschnitte mit Lamellen versehen. Lamellieren kann am fertigen Reifen oder vor der Runderneuerung am vorvulkanisierten Laufstreifen erfolgen. Micro Sipe erhöht die Griffigkeit des Reifens auf der Fahrbahn beim Beschleunigen und Bremsen. Besonders wirken die vielen Traktionskanten bei Eis, Schnee und Nässe. Die Mikroschnitte bewirken einen kühleren Lauf des Profils und damit eine geringere thermische Belastung der Lauffläche. Daraus ergibt sich eine nachweislich höhere Kilometerleistung.
Richtiger Luftdruck
Für PKW- als auch für Lkw-Reifen gilt in viel, viel höherem Maße als beim Neureifen, daß auf den richtigen Luftdruck geachtet wird. Sie alle kennen wahrscheinlich Veröffentlichungen, aus denen hervorgeht, daß ein sehr hoher Prozentsatz der Autofahrer mit falschem Luftdruck unterwegs ist. Ein Neureifen hält die Qualen, die er bei Benützung mit Unterdruck zu erleiden hat, noch aus. Ein Neureifen läßt sich auch noch falsches Überfahren von Randsteinen, Zwicken bei Randsteinen und andere Vergewaltigungen gefallen.
An die Tatsache, "daß eh nix passiert", haben sich die Autofahrer gewöhnt. Diese schlampige Vorgangsweise ist sehr oft für die runderneuerten Reifen tödlich. Wenn runderneuerte Reifen so pfleglich behandelt werden, wie eigentlich auch Neureifen behandelt werden sollten, dann bieten sie fast gleiche Sicherheit, wie Neureifen.
Ein runderneuerter Pkw-Reifen sollte daher mit ca. 0,2 bar höherem Luftdruck als vorgesehen betrieben werden.
Montage von Zwillingsreifen
Montage von Zwillingsreifen
Die optimale Leistung von Zwillingsreifen ist entscheidend von der richtigen Montage der Zwillingspartner abhängig. Das gilt für Neureifen, Heißerneuerungen und auch für Kalterneuerungen.
Unbedingt beachten:
1. Möglichst gleiche Karkassen mit gleichem Durchmesser montieren.
2. Auf einem Meßstand montierte und aufgepumpte Reifen unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage überprüfen. Durchmesserdifferenz bis zu max. 12 mm sind akzeptabel. Allerdings muß der größere Reifen immer nach innen montiert werden.
3. In jedem Fall gleicher Luftdruck auf beiden Partnern.
4. Möglichst mind. 2 gleiche Karkassen als Partner.
Leider werden diese Punkte nicht immer berücksichtigt, so daß der Minderlaufleistungen entstehen. In der Praxis kann man beobachten, daß 2 gleich große Lkw-Neureifen als Zwillingspaar nicht gleichmäßig ablaufen.
Die Abnutzung des Außenreifens ist zunächst höher als die des Innenreifens und beträgt etwa 2 bis 3 mm. Der damit in seinem Rollumfang kleiner gewordene Außenreifen paßt sich dem Rollumfang des Innenreifens an. Danach schreitet die Abnutzung beider Reifen gleichmäßig fort.
Es empfiehlt sich deshalb, keinesfalls Innenreifen gegen Außenreifen umzuwechseln und beim Zusammenstellen von Reifen in Zwillingsanordnung darauf zu achten, daß der geringfügig g r ö ß e r e Reifen immer i n n e n montiert wird.
Die Begründung für die zu beobachtenden Abnutzungsdifferenzen bei Zwillingsreifen ist folgende: Rollt ein Zwillingsreifenpaar auf der leicht gewölbten Fahrbahn mit gleichen Durchmessern ab, so wird der innere Reifen stärker belastet als der äußere Reifen. Der innere Reifen reagiert durch höhere Einfederung und hat einen wesentlich größeren Fahrbahnkontakt. Die Umdrehungsgeschwindigkeit und Wegstrecke einer Halbachse, ermöglicht durch das Differenzialgetriebe, wird also vom höher belasteten und tiefer eingedrückten inneren Reifen bestimmt. Da die beiden Räder starr miteinander verbunden sind, unterliegt der jeweils äußere Reifen so lange einem Zwangsschlupf, bis der dynamische Halbmesser des äußeren Reifens sich dem dynamischen Halbmesser des inneren Reifens angepaßt hat. Der Effekt wird durch Kurvenfahrt der beiden verbundenen Zwillingsreifen mit unterschiedlichen Wegstrecken verstärkt. Bei zusammenstellen von gefahrenen Reifen in Zwillingsanordnung oder beim Austausch nur eines Partners, müßten diese Empfehlungen besonders beachtet werden.
Nachschneiden von Reifen
Absolutes Nachschneideverbot gilt für Reifen an Krafträdern und Pkws. Nachgeschnittene LKW-Reifen dürfen nicht montiert werden
- als lenkbare Räder von Kraftfahrzeugen.
- an Kraftfahrzeugen und Anhängern, die für den Transport gefährlicher Güter bestimmt sind (auch Reserverad).
Es empfiehlt sich für alle Lkws, keine nachgeschnittenen Reifen als Reserveräder zu verwenden.
Durch unsachgemäßes, zu tiefes Nachschneiden werden oft die Gürtel oder die Karkassen unbrauchbar zur Runderneuerung. Nachschneiden lt. §4 KDV, Abs. 6 ist die Vertiefung für die Ableitung des Wassers von der Reifenlauffläche und darf nur an Reifen, die vom Erzeuger für ein Nachschneiden geeignet gekennzeichnet sind, vorgenommen werden. Das bloße Entfernen von Versteifungsstegen gilt nicht als Nachschneiden. Reifen dürfen nur nach den Richtlinien des Erzeugers und nur von einem hierzu berechtigten Gewerbetreibenden nachgeschnitten werden (es gilt auch das Selbstbedienungsrecht). Der Gewerbetreibende hat für jeden von ihm nachgeschnittenen Reifen eine schriftliche Bestätigung darüber auszustellen, daß das Nachschneiden den Vorschriften entsprechend durchgeführt wurde.
Ich möchte jetzt noch auf einige gesetzliche Bestimmungen bezüglich Runderneuerung eingehen, die in der 37. KDV-Novelle erlassen wurde:
- Die ursprünglichen Reifen müssen ECE 30 bzw. ECE 54 entsprochen haben.
- Pkw-Reifen dürfen nur einmal runderneuert werden und dabei nicht älter als 6 Jahre sein (dies gilt somit nicht für LLKW und LKW).
- Seit 1.01.1995 müssen alle Runderneuerten Reifen typengenehmigt sein (PKW und LKW; nicht nur M&S-Reifen wie früher). Die Genehmigungsnummer ist im Reifen einvulkanisiert.
- Weiters gibt es natürlich verschiedene Beschriftungsvorschriften z. B. Name oder Marke des Runderneuerers, Dimension, Speed- und Load-Index, Produktionsdatum, M&S,...)
Einschränkung bei der Verwendung runderneuerter Reifen
Laut §39 KDV, Abs. 3 dürfen runderneuerte Reifen auf lenkbaren Rädern von Omnibussen nicht verwendet werden.
Ein Omnibus ist lt. §2 KfG, Z. 7., ein Kraftwagen (Z.3.), der nach seiner Bauart und Ausrüstung zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkplatz für mehr als acht Personen Plätze aufweist.
In der 37. KDV-Novelle gibt es seit 1.01.1995 neue Vorschriften für den Runderneuerer, speziell bezüglich Typengenehmigung von runderneuerten Reifen:
1.Für runderneuerte Reifen, die zur Verwendung auf Personenkraftwagen, davon abgeleiteten Kraftwagen und ihren Anhängern bestimmt sind, gilt: Es dürfen nur Reifen runderneuert werden;
a) wenn sie dem Anwendungsbereich der ECE-Regelung Nr. 30 unterliegen, sie nach dieser Regelung genehmigt waren
b) aus deren Kennzeichnung erkennbar ist, daß sie zum Zeitpunkt der Runderneuerung nicht älter als sechs Jahre sind
c) deren Karkassen keine wesentlichen Beschädigungen aufweisen, bei V-Reifen sind keinerlei Beschädigungen zulässig,
d) die nicht bereits runderneuert worden sind, und
e) wenn bei asymmetrischem Karkassenaufbau dieser am Reifen besonders ge- kennzeichnet wird.
2. Für runderneuerte Reifen, die zur Verwendung an anderen Fahrzeugen, ausgenommen Krafträder, bestimmt sind, gilt:
a) wenn sie dem Anwendungsbereich der ECE-Regelung Nr. 54 unterliegen, sie nach dieser Regelung genehmigt waren,
b) wenn bei asymmetrischem Karkassenaufbau dieser am Reifen besonders gekennzeichnet wird.
3. Runderneuerten Reifen muß die Tragfähigkeit zugeordnet werden, die der des ursprünglichen Reifens entspricht oder niedriger ist; sie müssen der Geschwindigkeitskategorie zugeordnet sein, die der des ursprünglichen Reifens entspricht oder einer niedrigeren Geschwindigkeitskategorie zugeordnet sein.
4. Runderneuerte Reifen gemäß Z 1 lit. a und Z 2 lit. a müssen die Bestimmungen der jeweiligen ECE-Regelung über die Reifenabmessungen entsprechen und der Leistungsprüfung "Belastung/Geschwindigkeit" nach ECE-Regelung Nr. 30 bzw. der Belastung/Geschwindigkeits-Dauerprüfung" nach ECE-Regelung Nr. 54 standhalten. Für andere runderneuerte Reifen sind die Vorschriften über die Abmessungen des ursprünglichen Reifens und eine gleichwertige Belastungs-/Geschwindigkeitsprüfung zu erfüllen.
5. Die Herstellung runderneuerter Reifen muß einer ständigen Qualitätskontrolle unterzogen werden, die auf die Einhaltung der Produktionsgenauigkeit auszurichten ist. Dabei sind zerstörungsfreie Prüfmethoden anzuwenden, die entsprechend der jeweiligen Geschwindigkeitskategorie der Reifen anzupassen sind.
Die Behörde, die die Typengenehmigung erteilt hat, darf zu jeder Zeit die Methoden für die Qualitätskontrolle, die vom Runderneuerer angewendet werden, überprüfen.
6. Auf runderneuerten Reifen muß auf den Seitenwänden sinngemäß zu den ECE- Regelungen Nr. 30 und 54 vollständig sichtbar, dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben sein:
a) der Name oder die Marke des Runderneuerers
b) die Größenbezeichnung, Tragfähigkeitskennzahl und Geschwindigkeitskategorie
c) das Jahr der letzten Runderneuerung und die Zahl der Runderneuerungen insgesamt.
d) der DOT-Datumscode des ursprünglichen Reifens
e) als Kennzeichnung der Reifenerneuerung das symbolisierte "®" mit dem folgenden Wortlaut "RUNDERNEUERT" oder "RETREADED" oder "REMOULD"
f) das Genehmigungszeichen und die Prüfnummer
g) bei als Matsch- und Schneereifen bestimmten Reifen die entsprechende Kennzeichnung
h) zusätzliche Angaben, die für die Montage oder bestimmungsgemäße Verwendung erforderlich sind.
7. Die Schriftgröße der Aufschriften gemäß lit. e und f muß für Reifen bis 15 Zoll Nenn- durchmesser mindestens 5 mm, für größere mindestens 8 mm sein.
8. Nicht mehr zutreffende Aufschriften des ursprünglichen Reifens müssen entfernt sein.